Seckenburg

Seckenburg (bis 1923 war der amtliche Name Kryszahnen) wurde 1889 selbständiges Kirchspiel. Die Orte gehörten vorher zum Kirchspiel Lappienen.Seckenburg am MarktplatzDurch die Trockenlegung und Neubesiedelung von Ländereien in den Jahrzehnten vor der Gründung der neuen Gemeinde war die Bevölkerungszahl auf über 10 000 Menschen angestiegen, und die Lappiener Kirche war zu klein geworden für alle Besucher. Außerdem sprachen die Weitläufigkeit des Kirchspiels Lappienen und die oft schlechten Wege für die Einrichtung einer neuen Kirche. Seckenburg lag verkehrsgünstig am Knotenpunkt mehrerer Straßen, Flüsse und Kanäle und war schon damals ein vielbesuchter Marktplatz. Die Seckenburger stellten kostenloses Bauland zur Verfügung. Seit Mai 1889 regelmäßige Gottesdienste in Seckenburg, zunächst im Gasthaus Kischke. 1891-1896 Bau der Kirche, unverputzter Backsteinbau mit massivem Turm. Turmuhr von 1898 auf Anregung der Marktbesucher.

Die kleinere der beiden Glocken ist erhalten und hängt heute in der Kirche von Heinrichswalde. Der Kirchenbau wurde teurer als erwartet, denn beim Graben des Fundamentes fanden sich „so furchtbare Wassermengen“, dass bis zum Triebsand das Moor ausgehoben werden musste und dann auf den Triebsand Steine und Zement geworfen wurden.
In den 55 Jahren bis zur Flucht sind in Seckenburg 8200 Kinder getauft worden, 5500 Kinder konfirmiert, 2100 Paare getraut und 48 000 Abendsmahlsgäste anwesend gewesen. Für etwa 5000 Verstorbene, einschließlich der Gefallenen beider Weltkriege, fand eine Totenmesse statt. Die Pfarrer hießen Salopiata (seit 1889), Nikolaus, N.N., Duemke (1903-1933) und Albert Daase (1933-1944). Die Zahl der Gemeindeglieder sank von anfangs 5.066 durch Abwanderung in Industriegebiete auf zuletzt 4.540. In der nationalsozialistischen Zeit bekannten sich Pfarrer, Gemeinderat und Gemeinde entschieden zur „Bekennenden Kirche“. Zur Kirche gehörte auch ein Siechenheim, das in Tawellenbruch lag und vom Landwirt Lack (verstorben um 1908/ 09)der Kirche gestiftet worden war. Er hatte nur eine einzige Tochter gehabt, die nach der Heirat mit Landwirt Schlagowski früh gestorben war. Schlagowski durfte das Land bis zu seinem Tod 1924 nutzen. Danach fielen die 150 Morgen an die Kirche, und das Siechenheim wurde eingerichtet. 10 Wohnungen mit Garten wurden an Heimbewohner vergeben, meist alte Leute, Seckenburg mit Postamt(siehe „Der Kreis Elchniederung“ Band II, S.114).

Den letzten Gottesdienst hielt Pastor Albert Daase am 29.Oktober 1944 in der Seckenburger Kirche über den 23.Psalm: „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn Du bist bei mir, Dein Stecken und Stab trösten mich“. Das Gotteshaus wurde auch danach von der alten Glöcknerin Frau Schaguhn in Ordnung gehalten, und von August 1945 bis März 1946 hielt Pfarrer Otto Kybelka aus Memel dort noch Gottesdienste. Pastor Albert Daase schreibt 1953 in einem Fragebogen des Evangelischen Zentralarchivs Berlin, die Kirchenbücher von Seckenburg „sollen nach Thüringen gekommen sein. Nachforschungen ergebnislos“. Unter „Archivalien“ vermerkt er „nichts gerettet“. Er hatte 5000 Gemeindeglieder . Er schreibt noch, dass er eine „chronologische Aufzeichnung aller Amtshandlungen bis Ende Oktober 1944″ besitze. Pfarrer Daase gab von 1945 bis 1950 den „Seckenburger Heimatbrief“ heraus.

In Seckenburg stand übrigens nie eine Burg. Der Name war ursprünglich Seckendorf. Die Vorwerke Seckendorf, Ginkelsmittel und Polenzhof waren östlich des Kleinen Friedrichgrabens auf Veranlassung von König Friedrich Wilhelm I. angelegt worden. Er hatte im Jahre 1731 dieses Gebiet auf dem Wasserwege besucht, zusammen mit dem kaiserlichen Gesandten Reichsgraf von Seckendorff, dem polnischen Oberst von Polentz und dem holländischen General Baron von Ginckel. Zu Ehren der drei am Berliner Hof tätigen Diplomaten wurden die neuen Domänenvorwerke nach ihnen benannt.
Die Orte des Kirchspiels waren mit Ausnahme von Seckenburg keine geschlossenen Dörfer, sondern Straßen- oder Uferansiedlungen. Die Höfe der Bauern waren kleine bis mittlere Familienbetriebe. Der größte Besitz war das Gut Baumkrug mit 35 Hektar, das nach dem Tod des letzten Besitzers Hermann Schaack um 1920 aufgeteilt und verkauft wurde. Auch der bekannte „Rote Krug“ und die Fähre in Tawellningken, die Agnes Miegel zu ihrem Gedicht „Die Fähre“ inspirierte, hatten zum Gut gehört, bis sie 1922 von Walter Ebner gekauft wurden. Das Gutsgelände Baumkrug in Klein Kryszahnen(später Seckenburg) hatte eine bevorzugte höhere Lage und war deshalb stets hochwasserfrei. Das Gutshaus brannte bald nach dem Tod des letzten Besitzers ab. Die Scheune des Gutes diente bis 1938 dem RSeckenburg mit Hotel „Germania“eichsarbeitsdienst als Unterkunft und wurde danach zur Mittelschule.
Volksschulen waren außer in Seckenburg in Jodgallen, Klein Friedrichsgraben, Polenzhof, Tawellenbruch und Kastaunen.

Es gab in Seckenburg ein Gerichtsgebäude als Nebenstelle des Amtsgerichts in Kuckerneese. Außerdem ein Postamt, Sparkasse, Hotels und Gaststätten mit „Bürgergärten“, in denen die Vereine feierten. Jeden Donnerstag strömten in Seckenburg Bauern mit ihren Wagen und Fischer mit ihren Kähnen von weither zum Wochenmarkt. Der Besuch des Marktes konnte gleich mit einem Gang zum Arzt oder Zahnarzt, zur Drogerie und Apotheke oder einem der vielen Geschäfte und Handwerksbetriebe genutzt werden. Die Eindeichungs- und Entwässerungsmaßnahmen hatten den Bauern der Umgebung einen gewissen Wohlstand gebracht, der auch den Betrieben des Kirchdorfs zugutekam.
Um 1900 entstanden viele neue Gebäude, auch prächtige Geschäftshäuser. Größter Arbeitgeber des Ortes wurde die Molkerei Kuchenbecker, die täglich bis zu 45 000 Liter Milch verarbeitete. Das Sägewerk Pawlack bestand seit 1935.


Malerisch und ortsbestimmend für Seckenburg ist heute wie früher das Blau der Flüsse, der Greituschke (litauisch „die Schnelle“) und der Leekna, die ein stiller Seitenarm der Gilge ist. Eine Dampferanlegestelle und die Station der Kleinbahn, die zur Reichsbahn Verbindung hatte, waren weitere Anziehungspunkte und von wirtschaftlicher Bedeutung. Im heutigen Sapowednoje (Заповедное) steht noch die evangelische Kirche, aber sie verfällt. Marienbruch mit 122 Einwohnern gehörte seit den dreißiger Jahren des 20.Jahrhunderts zur Kirchengemeinde Seckenburg, verwaltungsmäßig aber weiterhin zum Kreis Labiau.

Aus „Der Kreis Elchniederung gestern und heute“, herausgegeben von der „Kreisgemeinschaft Elchniederung e.V.“,
bearbeitet von Gabriele Bastemeyer und Hans-Dieter Sudau.

Herr Bernhard Waldmann hat zu Seckenburg einen Beitrag unter: https://wiki.genealogy.net/Seckenburg veröffentlicht.

Orte des Kirchspiels Seckenburg

Ortsname ab 1938

Ortsname bis 1938

Einwohner 1939

Altengilge

Schaugsten

195

Alt Seckenburg mit Alt Friedrichsgraben

Alt Seckenburg

211

Elbings Kolonie

Elbings Colonie

601

Ginkelsmittel

Ginkelsmittel

244

Grünhausen

Jodgallen

363

Grünwiese

Budehlischker Berahmung

151

Kastaunen

Kastaunen

358

Klein Friedrichsgraben mit Bönkenwiesen

Klein Friedrichsgraben

328

Polenzhof

Polenzhof

207

Schalteck

Schalteik

135

Seckenburg

Seckenburg

1.292

Tawellenbruch (siehe Ortsplan und Namensliste)

Tawellningken

455

Gesamt:  12

 

4.540

Namensliste zum Ortsplan Tawellenbruch Kreis Elchniederung

  1  RAD-Lager, später Mittelschule

 22  Neef  Albert   Garage

 50  Hoffmann  Otto, Trumpa

 77  Reischuck

105  Baumgart, Bildau

  2   Berwing – Mühle

 23  Schwellnus, Neef

 51 Laschat, Weitschies Michel

 78  Stock

106  Turkowski  F.

  2a Remise der Kleinbahn

 24  Ebner  Gasthaus u. Fähre

 51  u. Maria (genannt Plakties)

 79  Turkowski

107  Petrick

  3   Pawlack – Sägewerk

 25  Christeleit, Kiekel, Komm, Depkat

 51 Weitschies Rudolf u. Frieda

 80  Lundschien

108  Duschneit

  4   Kurschat

 26  Wiek  Albert  Gastwirt u. Laden

 52  Schimkat

 81  Kronoschewski, Semmling

109  Petrick  Fritz

  5   Krieg

 27  Mätzing

 53  Weitschies Benno u. Rosa

 81  Niederstrasser

110  Baltruschat

  6   Simoteit

 28  Gieseler  Oberförsterei

 53  Depkat  Auguste

 82  Duschneit  Albert

111a  Baumgart

  7   Kurschat

 29  Altes Bürohaus, Mangel

 53a Sköries  Ernst, Scheim

 83  Bajorat  Willi

111b Sköries  Franz

  8   Schulz  August

 30  Neues Bürohaus, Pösche  verw.

 54  Nickloweit, Lepkojus

 84  Sköries  Ewald

111c Marquard

  8a Samel

 31  Bootshaus

 55  Dejok

 85  Guszan – Mühle

112  Broszeit

  8b Hallies   

 32  Bajorat, Zander, Schlittke

 56 Siegmund  Max, Göritz Moale

 86  Ennulat

112a Bendig  Georg

  8c Deike

 33 Juckel Albert, Kerwel Eduart

 57  Grigsch

 87  Semmling  E.

113   Geduhn

  8d Schulz Ernst

 33  Schulz Max, Schubert, Trott

 58

 88  Semmling  A.

113a Rogat

  8e Puckmus

 34  Friderici  Paul

 59  Kubat

 89  Semmling  F.

113b Petereit

  9   Schönwald, Lauterstein  

 35  Siechenheim

 60  Goetzie

 90 Kowalzik  Franz

114   Krusat – Gasthaus

 10  Leidig – Straßenwärter

 36  Lehmann frh. Kubillus Hermann

 61  Romeike, Nikloweit

 91 Kowalzik  Hans

115   Sakautzki – Schmiede

 10a Engelke

 37  Elian, Warthun

 62 Banneit

 92  Daudert 

116   Mertins

 11  Versieck

 38 Borscheit-Schuster,Götzi,Jurkschat

 63  Meier

 93  Schugsties

117   Schlegat

 12 Jugendheim

 39  Kubat  Tischler

 64  Kubillus  Erich

 94  Barkenings (Barkmin)

118   Storim

 13  Taudien

 40 Stoll, Knorr Olga, Bajorat  Moal

 65  Rudat

 95  Endrekat

119   Dejok

 13a Grasteit – Schneider

 41  Siegmund  Hugo Bürgermeister

 66  Kelch,  Westphal

 95a Grigull

120   Pahlke – Mühle

 13b Westphal

 42 Volksschule Tawellenbruch

 67  Zehrt  Anna

 96  Schaguhn

121

 13c Juries, Schwarz

 43 Panzer

 68  Kubillus  Ida u. Mathilde

 97  Schaal

122   Beckmann

 14  Mertins

 44  Gronwaldt

 69  Kukuk  Arthur

 98  Wenghöfer

123   Tucks

 15 Allies, Adomeit, Hoffmann

 45  Bolz  Max

 70  Dangeleit

 99  Schlittke Gustav – Gasthaus

124   Mahsalski

 16  Skalischus, Skibba – Mühle

 46  Scheimies

 71  Scheune von Schneidereit

 99  Wagenfähre  (Waldeslust)

125   Rutha

 17 Harksel  Fritz

 46a Trott, Wohlgemut abgebrannt

 72  Bajorat

100 Duschneit

126  Fortsamt  Kastaunen

 18  Lehmann Helene geb. Schlittke

 47 Raudszus

 73  Duschneit

101 Stöllger  Paul

126   Weber – Förster

 19 Weitschies  Paul

 48   Danull  Arthur

 74 Dietrich

102 Lepkojus – Bürgermeister

127   Behrendt

 20  Kukelies (genannt Ui Ui)

 48a Genies

 75  Kurpat

103 Bendig

128   Luckau

 21  Wohlgemut  Edith

 49 Nass – Förster

 76  Kowalski

104 Kleibschuhn