Groß Friedrichsdorf

Das Kirchspiel Groß Friedrichsdorf umfasste 18 Ortschaften. Im Jahre 1939 lebten dort 5530 Einwohner. Es bestand aus bestem Acker- und Weideland. Seit 1895/96 war das Gebiet wassertechnisch geordnet und bot gute Voraussetzungen für die Landwirtschaft. Die letzten Teile des Kirchspiels wurden erst 1923/24 eingedeicht und melioriert. Um weitere Bodenverbesserungen zu erreichen, wurden die Deichverbände Rosenwalde und Erlen (Obolin) gegründet. Aus ungenutztem Boden wurde Nutzland. Im Bereich um Ruckenfelde, Schneckenwalde und Peterswalde gab es ausgedehnte Waldgebiete, die einen guten Wildbesatz aufwiesen. Das Gebiet des Kirchspiels wurde von der Laukne und der Arge berührt, über deren Wasser Holzstämme in Flößen zu den Schneidemühlen in Groß Friedrichsdorf transportiert wurden. Ebenfalls wurden auf dem Wasserweg Gemüse und Fische, u.a. auch Stinte, von den Haffdörfern in den Kirchort gebracht, allerdings über den Mittenfelder Kanal, der die Laukne mit dem Seckenburg-Linkuhner Kanal verband. Gegenüber der Gastwirtschaft Stich gab es den Stinthafen, wo die Kähne festmachten.

Groß Friedrichsdorf konnte man als Straßendorf bezeichnen.
Die Hauptstraße, die seit dem Jahr 1935 Friedrichstraße genannt wurde, war etwa 1 km lang und zog sich von Ruckenfelde kommend, vom Kanal in westlicher Richtung bis zum Ausgang in Richtung Peterswalde hin. Der Ort erweiterte sich allmählich in nördliche Richtung und es entstanden die Gartenstraße, die Friedhofstraße, die Jahnstraße und die Arndtstraße. Den Anlaufpunkt bildete der Marktplatz. Früher befand sich dort der Dorfteich, der zum Teil zugeschüttet wurde und zu dessen Überquerung eine Brücke gebaut war.
Die erste Kirche in Groß Friedrichsdorf war eine aus Holz gebaute Rundkirche mit einem niedrigen Turm. Im Jahr 1901 wurde an der Friedrichstraße die neue Kirche aus roten Ziegelsteinen erbaut. Sie hatte einen ca. 30 m hohen Turm. Die Holzkirche wurde als Notkirche nach Kuckerneese (Kaukehmen) verkauft. Die Bevölkerung war überwiegend evangelischen Glaubens. Sie versammelte sich auch bei der Landeskirchlichen Gemeinschaft, dem Bund freier Christen, der Pfingstgemeinde und bei den Blaukreuzlern.
1934 wurde eine neue moderne Volksschule gebaut und eingeweiht, deren letzter Rektor Leo Schlokat war. Eine Privatschule wurde von Fräulein Plonus unterhalten. Begabte Kinder wechselten zu den weiterführenden Schulen in Heinrichswalde und Tilsit.

Die Gastronomie wurde in Groß Friedrichsdorf durch die Gaststätten Stich, Babst, Kohse (vorm. Ullrich), Zentarra und Wannags vertreten. Bei Stich wurden die beliebten Feuerwehrbälle veranstaltet, die mit einem großen Feuerwerk endeten. Vor der Gaststätte Babst wurde Vieh gehandelt, gewogen und verladen, und im Saal Gross-Friedrichsdorf- die neue-Schule von 1934des Gasthauses war ein Kino installiert. Die Gastwirtschaften Kohse und Zentarra lagen am Marktplatz und dienten den aus den umliegenden Orten kommenden Landwirten, die den Markt, der an jedem Dienstag stattfand, mit ihren Erzeugnissen beschickten, als Ausspann. Im Hotel Wannags wurden die größeren Feste abgehalten. Am Samstag und Sonntag trafen sich die Tanzlustigen im Cafe Fleischmann. Weitere Gaststätten im Kirchspiel waren Stich in Klein-Heinrichsdorf, Albin in Ruckenfeld, Peßlies in Argemünde, Mehlhorn in Peterswalde, Bloße in Schneckenmoor und Panzer in Erlen.

Für die Versorgung der Bevölkerung sorgten die Geschäfte Kohse, Luckau, Miekat und Spade (Lebensmittel), Hoyer, Josuweit, Minuth und Neubacher (Textilien), Nötzel und Schönwald (Bäckerei), Gerull und Kaminsky (Fleischerei) und Petschull (Papierwaren). Das Gewerbe war durch Schmiede, Stellmacherei, Tischler, Maler und Tierausstopferei repräsentiert, insbesondere aber durch die Mahl-und Schneidemühlen Klebon (vorm. Sladowski) und Katillus (seit 1923/24). Der Milch- und Butterhandel von Emil Barkowski soll nicht unerwähnt bleiben.
Die nach 1933 modernisierte Molkerei Zürcher verarbeitete die Milch des ganzen Kirchspiels. Lange Zeit gab es auch in Wildwiese die Molkerei Ruos.
Viele Jahre stand der Arzt Ehleben für die Kranken zur Verfügung. Der letzte Arzt war Dr. Wirtgen, der seine Praxis im Haus Butkus hatte. Der erste Zahnarzt kam 1928 nach GroßFriedrichsdorf. Eine Apotheke gab es nicht. Die Drogerie Aschmann, später Kerber, dann Lukat, besorgte und lieferte notwendige Medikamente.
Im Jahr 1923 wurde die Elektrizitätsgenossenschaft Groß Friedrichdorf gegründet. Die Gemeinde ließ eine gute Straßenbeleuchtung bauen.
Zur Versorgung der Bevölkerung mit Bankgeschäften stand die am Markt gelegene Spar- und Darlehnskasse, eine Zweigstelle des Vorschuss-Vereins Heinrichswalde, zur Verfügung.
Das Vereinsleben war in Groß Friedrichsdorf sehr rege. Der Kriegerverein war der älteste Verein, er wurde 1908 gegründet. Daneben gab es einen Gesangsverein, und 1919 wurde der Sportverein gegründet. Plattdeutsch wurde von vielen Bewohnern gesprochen und gepflegt, es war die Muttersprache. Unsere Kinder und Enkel kennen diese Sprache kaum noch.
Nun leben die Groß Friedrichsdorfer in ganz Deutschland und in der Welt verteilt. Doch die Erde, auf der unsere Vorfahren geboren wurden, auf der sie gelebt, gewirkt und geschafft haben, soll uns und unseren Nachfahren unvergessen bleiben.

Entnommen aus „Die Kirchengemeinde Groß Friedrichsdorf mit ihren Ortschaften“, herausgegeben von der Kreisgemeinschaft Elchniederung e.V.

Die Orte des Kirchspieles Groß Friedrichsdorf

Ortsname ab 1938

Ortsname bis 1938

Einwohner 1939

Argemünde

Bittehnischken

246

Argental

Ackmonien

117

Erlen mit Franzrode

Obolin mit Medlauk

145

Groß Friedrichsdorf

Groß Friedrichsdorf

1.196

Groß Heinrichsdorf

Groß Heinrichsdorf

181

Groß Marienwalde

Groß Marienwalde

196

Klein Friedrichsdorf

Klein Friedrichsdorf

39

Klein Heinrichsdorf

Klein Heinrichsdorf

203

Köllmisch Schnecken

Köllmisch Schnecken

73

Neufelde

Neufelde

349

Noiken

Schillelwethen

301

Peterswalde

Peterswalde

417

Plein

Plein

140

Rosenwalde

Rosenwalde

151

Ruckenfeld

Rucken

266

Schneckenmoor

Schneckenmoor

407

Schneckenwalde

Tunnischken

481

Wildwiese

Oschke

528

Gesamt:  19

 

5.530

Zürcher - Molkerei
Gerull - Fleischerei
Buske - Schmiede

Betriebe und Geschäfte vor 1945 in Groß Friedrichsdorf

Von Heinrichwalde kommend,
im Ort linke Seite

Von Heinrichswalde kommend,
im Ort rechte Seite

Stich – Gaststätte
Waasner – Schmiede/Stellmacher
Schierwagen – Stellmacher
Keiluweit – Mehlhandel/Lebensmittel
Zürcher – Molkerei siehe rechts
Babst – Gaststätte/Kino
Buske – Schmiede  siehe rechts
Blumenscheit – Tischlerei
Barkowski – Eier/Butterhandel
Luckau – Lebensmittel
Kattilus – Schmiede
Spade – Lebensmittel
Artschwager – Pelzgeschäft
Günther – Haushaltwaren
Zerrath – Tischlerei
Riechert – Mühle/Sägewerk
Kaselowsky – Fuhrgeschäft
Pluschkell – Polizei
Riechert – Hutgeschäft
Gerull – Fleischerei siehe rechts
Jacksteit – Friseur
Kukuk – Schuhmacher
Josuweit – Textilien
Lukat – Drogerie
Harder – Friseur
Mikat – Lebensmittel
Max Wannag – Hotel – Gaststätte
Fleischmann Hotel – Gaststätte
Hoyer Textilgeschäft
Kaminsky Fleischerei
Postamt
Zentarra Gaststätte
Tilli Grätsch Süßwaren
Ukat Mehlhandlung
Krause Glanzplätterei
Podien Fleischerei
Nurkus Abdeckerei

Grigull – Fahrradgeschäft
Dr. Wirtgen – Haus Butkus
Schönwald – Bäckerei
Nötzel – Bäckerei
Bautz – Schuhmacher
Müller – Gärtnerei
Rapöhn – Gärtnerei
Kreissparkasse – Westphal
Minuth – Textilien
Raabe – Ofensetzer
Neubacher – Textilien
Launert – Sattlerei
Rettich – Taxiunternehmer
Ylakschies – Friseur
Ylakschies – Hebamme
Petschull – Papiergeschäft
Faust – Lebensmittel
Saunus – Eier/Butterhandel
Fleischmann – Zahnarzt
Kuck – Mehlhandlung
Dahlmann – Malergeschäft
Kohse – Lebensmittel/Gaststätte
Fleischmann – Porzellangeschäft
Volksbank
Jeschke – Schneider

Aus der Erinnerung von Irmgard Fürstenberg aufgestellt. Siehe HB Nr. 54