Kirchspiel Inse

Das Haffdorf Inse lag zu beiden Seiten des „Insestromes“, der ins Kurische Haff mündet. Der „Insestrom“ war nur einen Kilometer lang und entstand beim Zusammenfluß von Griebe und Pait. Diese wiederum hatten vor dem Bau der Niederungsdeiche Verbindung zu anderen Deltaarmen der Memel. Mit dem Bau des Haffdammes, geplant schon 1850, gebaut 1894, war die Wasserverbindung zum Hinterland abgeschnitten.
Die nun abgedeichten Flüsse verflachten, verschilften mehr und mehr. Und nach mehr als 50 Jahren nach der Vertreibung erblickt ein ehemaliger Bewohner den „Insestrom“ als kleines Rinnsal. Ende des 19. Jahrhunderts wurde eine Mole gebaut, um das Versanden des Flusses zu verhindern, allerdings ohne bleibenden Erfolg.
Die Mündung musste in gewissen Abständen ausgebaggert werden.

Das Kirchspiel Inse mit den Dörfern Tawe und Loye ist wohl das älteste des Kreises (siehe Rudolf Bogdahn, „Der Kreis Elchniederung“, 1903, F. Eismann, „Bilder aus der Geschichte der Niederung 1273-1812″, 1912).

Die Besiedlung der Deltaarme der Memel geschah von der Haffseite her. Im Jahre 1520 gehörten die Dörfer Inse, Tawe und Loye zu der Pfarrei Kuntzen auf der Kurischen Nehrung. Die beschwerliche Fahrt übers Haff veranlasste die Bewohner, eine eigene Pfarrei zu beantragen. Dem Wunsch entsprach man, und im Jahre 1570 wurde mit dem Bau einer Kirche in Inse begonnen.

Wie alle Häuser damals und bis in die heutige Zeit, wurden fast alle Wohnhäuser – so auch die Kirche – aus Holz errichtet. Die letzte Kirche wurde nach dem Vorbild der Lappiner Kirche gebaut, sie war achteckig und hatte eine übers ganze Rund gehende Empore.

Der 1. Lehrer der Schule war auch gleichzeitig der Organist, der Präzentor, wie er genannt wurde. Die Schule war zweiklassig, und in der Zeit vor und nach dem 1. Weltkrieg gaben sehr engagierte Lehrer den Anstoß für ein reges gesellschaftliches Leben im Dorf.

Wie auch bei den anderen Haffdörfern, umschloss ein Deich beiderseits des Stromes das Gemüseland. Im Dorf selbst war die Dorfstraße – erst Anfang der 30er Jahre wurde eine feste Kiesstraße gebaut – gleichzeitig der Deich. Die Wohnhäuser lagen bis auf Ausnahmen hinter der Dorfstraße, während sich die Ställe zum Teil auch an der Stromseite befanden. Die wirtschaftliche Grundlage der Dorfbewohner bildeten Fischerei, Gemüseanbau und Viehhaltung, wobei die Fischerei in den Vorkriegsjahren mehr und mehr zurückging. Der fruchtbare Schwemmlandboden eignete sich vorzüglich für den Gemüseanbau. Besonders Gurken und Zwiebeln, aber auch alles andere Gemüse wurden meist nach Labiau oder Königsberg verkauft. Dabei diente der „Timberkahn“ als Transportmittel. Der Kahn war zum Teil mit sogenannten „Dennen“ abgedeckt und fasste 50-60 Zentner Gemüse.
Für den täglichen Bedarf standen 3 LebensmittelgeschäfteOrtsplan von Inse, hier noch Alt- und Gr. Inse zur Verfügung. Zwei von ihnen waren gleichzeitig Gasthöfe mit Sälen, die für das rege gesellschaftliche Leben genutzt wurden.
An dem parallel zum Haff verlaufenden Weg nach Tawe lag Klein Inse. Es bestand zuletzt nur aus der großen Försterei und einem Waldarbeiterhaus.
Während man in Karkeln, bedingt durch die verkehrsmäßig günstige Lage, schon von einem Fremdenverkehr sprechen konnte, befand sich dieser in Inse erst in den Anfängen. Immerhin brachte die Anfang der dreißiger Jahre gebaute Jugendherberge vornehmlich an der Natur interessierte junge Menschen in das Dorf.
1938 wurden zwei Abteilungen des Reichsarbeitsdienstes eingerichtet, und zwischen Bewohnern und dem Arbeitsdienst bestanden vielfache Kontakte.

Zu dem Kirchspiel Inse gehörte auch das 6 Kilometer entfernte Pait. Das dort befindliche kaiserliche Jagdschloß, mehr ein Jagdhaus, besuchte auch 1904 Kaiser Wilhelm II. Von Cranz über das Haff kommend, machte er auch in Inse Station, für die damaligen Bewohner ein überwältigendes Erlebnis. Letzter Nutzer des Jagdhauses Pait zur Elchjagd war der damalige Reichsjägermeister Hermann Göring.
Auf einem Sandhügel in Pait befand sich auch der Inser Friedhof. Im Sommer wurden die Verstorbenen mit dem Kahn, im Winter mit dem Schlitten dort zur letzten Ruhe gebettet.
Der letzte Bürgermeister war Otto Engelke. Er und die Gebrüder Hugo und Max Pallut haben nach der Vertreibung ausführlich in den zwei Bänden der Buchausgabe „Der Kreis Elchniederung“ über Inse berichtet.

Inse heißt heute russisch „Pritschaly“ (Причалы). Doch vergeblich wird der Reisende Kirche, Schule, Gasthöfe oder gar einen Kurenkahn suchen.
Nur noch vereinzelte Spuren erinnern an das Dorf, das einst „Inse“ hieß.
Horst Scheimies

Aus: „Die Kirchengemeinde Inse mit den Dörfern Pait, Tawe, Loye“,
herausgegeben von der Kreisgemeinschaft Elchniederung e.V.

Orte des Kirchspiels Inse

Ortsname ab 1938

Ortsname vor 1938

Einwohner 1939

Inse mit Jagdschloss Pait

Alt-Inse, Groß-Inse, Klein-Inse und Jagdschloss Pait

438

Loye

Loye

279

Tawe

Tawe

590

Gesamt  3

1.307


Dieses Kennzeichen mussten die Fischer von Inse
seit 1864 in ihren Kurenwimpeln aufnehmen.
Eine Maßnahme zur Kontrolle der Fischereirechte.