Irmgard Fürstenberg
Irmgard Fürstenberg, eine unserer rührigsten Kirchspielvertreterinnen, ist nunmehr seit 1996 als Kirchspielvertreterin für das Kirchspiel Groß Friedrichsdorf tätig. Geboren wurde sie am 06.07.1929 in Tilsit, wuchs in Groß Friedrichsdorf auf und erlebte nach dem Kriege bis 1948 die Schreckensherrschaft der Sowjets in Ostpreußen. Nach der Vertreibung aus ihrer Heimat landete sie in der „SBZ“, der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands. Dort kam sie bei der „DR“ der „Deutschen Reichsbahn“ in die Lehre und war als Eisenbahnerin im Fahrkartenverkauf und als Aufsicht bis zum Eintritt in den Ruhestand tätig. Irmgard Fürstenberg engagiert sich in vielfältiger Weise für Ostpreußen. Sie kümmert sich nicht nur um ihre Kirchspiel-Schäfchen aus Groß Friedrichsdorf, sie organisiert auch regelmäßig Reisen in die alte Heimat und hält Vorträge in Schulen. Dort berichtet sie den Schülern über ihre Heimat Ostpreußen, sie erzählt ihnen aber auch über die Schrecken von Flucht und Vertreibung aus eigenem Erleben. Neben ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit für Ostpreußen kümmert sie sich um ihre Kinder und Enkelkinder und, nicht zu vergessen, sie ist begeisterte Chorsängerin im Singekreis Magdeburg, in dem auch ostpreußisches Liedgut zu Gehör gebracht wird.
„Vorstellung der Mitarbeiter“ Aus unserem Heimatbrief Heft 55 Pfingsten 2012
Irmgard Fürstenberg, Kirchspielvertreterin für Groß Friedrichsdorf
Geboren bin ich am 06.07.1929 in Groß Friedrichsdorf. Mein Vater war Ernst Fürstenberg, meine Mutter Magda Fürstenberg geb. Kaempf. Die Eltern meines Vaters hießen Leopold Fürstenberg und Martha Fürstenberg geb. Matigkeit. Die Eltern meiner Mutter waren Eduard Kaempf und Frederike Kaempf geb. Keller.
Ich bin in Groß Friedrichsdorf aufgewachsen und habe dort bis zur 8.Klasse die Schule besucht. Im März 1944 wurde ich in der Kirche zu Groß Friedrichsdorf konfirmiert. Ich habe eine Schwester, Ingrid. Sie wurde 1931 geboren.
Im Oktober 1944 rückte die Front näher und wir sind nach Zinten – Heiligenbeil gebracht worden. Mein Vater war beim Zoll in Schmalleningken beschäftigt. Der Zoll wurde aufgelöst und mein Vater wurde Soldat. In einem Gefangenenlager bei Brest ist er 1946 gestorben.
Im Februar 1945 sind wir mit Fuhrwerken nach Ladiau gebracht worden. Dort trafen wir die Großeltern. Dann sind wir zusammen über das Eis des Frischen Haffes gelaufen, mit nur einem Rucksack. Vor dem Haff haben wir noch unseren Großvater verloren. Irgendwie sind wir dann bis Pillau gekommen, aber kein Schiff hat uns aufgenommen. Aus welchem Grund auch immer sind wir zu Verwandten nach Rauschen gekommen. Am 15. April, ohne das ein Schuss gefallen ist, waren die Russen da. Wir wurden aus den Häusern getrieben und es begann eine schlimme Zeit. Gelebt haben wir von dem was wir noch fanden oder Brennnesseln, den ersten Sauerampfer. Am 9. Mai, dem Kriegsende, waren wir in Labiau. Nun ging es weiter nach Heinrichswalde, in die Insthäuser von Bierfreund, dann weiter nach Stucken. Als dort 1946 das Hochwasser kam, gab es eine Gelegenheit von Litauern über den Rußstrom geholt zu werden. Nun bin ich dort von einem Ort zum anderen bettelnd gelaufen. Eine Zeitlang war ich auch bei Litauern in Tauroggen. 1948 bin ich von Tilsit aus einige Wochen mit einem Güterzug unterwegs gewesen. In Brandenburg an der Havel wurden wir in ein Quarantänelager gebracht. Ich bin dann in Glienicke, Nordbrandenburg, eingemeindet worden. Nun habe ich bei der Bahn am Fahrkartenschalter gearbeitet. Meine Prüfung als Fahrkartenverkäuferin und Aufsicht habe ich in der Abendschule gemacht.
1953 habe ich meinen Mann Heinz Berg in Hohen – Neuendorf bei Berlin geheiratet. Dort sind auch meine Kinder geboren. Noch vor dem Bau der Mauer ist mein Mann nach Westdeutschland gegangen. 1968 wurde meine Ehe geschieden. Meine Mutter lebte zu der Zeit in Magdeburg. Ich bin nun auch nach Magdeburg gezogen. Dort habe ich weiter bei der Bahn gearbeitet. 1987 erlitt ich einen Herzinfarkt. Nun bekam ich einen Reisepass und konnte meine Verwandten in Peine besuchen. Wir fuhren nach Steinhude und lernten die Kreisgemeinschaft Elchniederung kennen. 1990 gründeten wir den Ostpreußenverein in Magdeburg. Dort bin ich im Vorstand. Auch in der Singegruppe bin ich sehr gern dabei.
Seit 1996 bin ich Kirchspielvertreterin für Groß Friedrichsdorf. Ich habe viele Heimatfreunde und solange es mir möglich ist, werde ich gern für die Kreisgemeinschaft Elchniederung arbeiten.
Anmerkung von der Redaktion: „Irmgard lebt und liebt die Kreisgemeinschaft, bei jedem Treffen in Bad Nenndorf oder Reisen bringt sie Leben in die Hütte. Irmgard Du bist ein Juwel für die Kreisgemeinschaft. Sie wurde am 15.09.2012 für weitere vier Jahre in ihrem Amt als Kirchspielvertreterin bestätigt! “ 2019 konnte sie aus gesundheitlichen Gründen nicht wieder gewählt werden.
Ehemalige Kirchspielvertreterin für Groß Friedrichsdorf starb am 20. Dezember 2019 in Magdeburg
Am 20. Dezember verstarb unsere langjährige Kirchspielvertreterin von Groß Friedrichsdorf im gesegneten Alter von 90 Jahren.
Mit ihr verlieren wir eine unserer engagiertesten Mitarbeiterinnen unseres Heimatvereins aus der Elchniederung. Irmgard war schon vor über 60 Jahren bei dem Abschluss des Patenschaftsvertrages mit der Grafschaft Bentheim dabei und auch bei der Feier zum 60. Jahrestages aus Anlass dieses Ereignisses. Sie war unzählige Male in der alten Heimat, zuletzt 2012 mit dem Vorstand und den anderen Kirchspielvertretern. Im vergangenen Jahr konnte sie noch einmal bei unserem Kreistreffen in Bad Nenndorf teilnehmen, was ihr sehr zu Herzen ging.
Wesentlich für uns alle war ihre Aufgeschlossenheit und Freude am gesellschaftlichen Leben unserer Gemeinschaft und dem ostpreußischen Leben überhaupt. Nach 1990 war sie auch an der Gründung des Heimatvereins in Magdeburg aktiv beteiligt. Über ihr Leben konnten Sie mehr im ersten Teil dieses Berichtes lesen.
Für uns alle wird unvergessen sein, dass bei unseren Treffen immer am Abschlussabend von ihr in einem gemeinsamen Kreis das Lied “Kein schöner Land in dieser…” Zeit angestimmt wurde. In diesem Jahr mussten wir bereits das Lied ohne sie, aber in Gedenken an sie alleine singen. Sie war zu dieser Zeit bereits sehr krank.
Irmchen du wirst uns immer fehlen …
Horst Wolfgang Nienke Dezember 2019
Die Sehnsucht nach der Heimat war so groß wie die Liebe!
Stimmen zu Irmgard:
Peter Westphal … mit dem Verlust von Irmgard verlieren wir ein nicht zu ersetzendes Urgestein!